Zwei Präsidentinnen im Gespräch

Ein strahlender Augusttag, warme Temperaturen, einige Schattenplätze unter hohen Bäumen, der liebliche Ausblick auf den Vierwaldstättersee, Espresso und Glace: Zwei Präsidentinnen – die noch amtierende und die designierte - treffen sich im Park des Richard Wagner Museums in Luzern zu einem Gespräch. Ruth Bucher blickt auf sechs Jahre Verbandstätigkeit zurück, Isabelle Kunz wagt den Blick in die Zukunft.

Der Einstieg verläuft leicht. Die beiden Präsidentinnen kennen sich, wirken entspannt. Bisher haben zwei Arbeitstreffen stattgefunden. Alle Abläufe wurden besprochen, die Inhalte von Leistungsverträgen wurden erklärt, strategische Fragen wurden erörtert. In Schweizer Manier gingen auch zahlreiche Bundes-Ordner mit Dokumenten von der einen Hand zur anderen.

Isabelle Kunz ist überzeugt, durch die Einführungen von Ruth Bucher ein gutes «Haus-Fundament» erhalten zu haben. Was fehlt und nun wachsen kann, sind Wände, Fenster, Türen, das Dach und das ganze Mobiliar – also das Wissen um die ZiSG Kultur, um die handfesten Leistungen der Organisationen und um die politisch-strategischen Fragen.

Isabelle Kunz wurde – abseits der grossen Öffentlichkeit – an der ZiSG-Delegiertenversammlung auf dem Zirkularweg zur neuen Präsidentin gewählt. Sie hatte daraufhin noch im Juni an einer Sitzung der Verbandsleitung teilgenommen und so vor ihrem Amtsantritt per 1. September 2020 erste Einblicke in die Verbandsleitung erhalten können.

Angesprochen auf ihre ursprüngliche Motivation zur Kandidatur erklärt sie, dass es sie sehr reize, Bewährtes vorwärts zu bringen, gesellschaftliche Veränderungen aktiv mitzugestalten und Netzwerke aufzubauen, sich letztlich in der Gesellschaft zu engagieren. Dass genau dies beim ZiSG möglich ist, sei ihr an der Delegiertenversammlung zum 10-Jahresjubiläum bewusstgeworden.

Im Gespräch sagt sie offen, dass sie nach der ersten Sitzung durchaus mit gemischten Gefühlen nach Hause gefahren sei. Sie habe sich gefragt, ob sie der Herausforderung gewachsen ist und ob ihr der feine Interessensausgleich von Kanton, Gemeinden, Organisationen und Gesellschaft gelingen wird. Im nächsten Zug merkt sie an, dass dieses Zögern und diese Unsicherheit ein Mann vielleicht nicht eingestehen würde. Frauen müssten sich trauen, solche «Posten» anzunehmen, ist sie überzeugt. Dabei verweist sie auf die ZiSG Tradition: Der Verband wurde bisher ausschliesslich von Frauen präsidiert.

Das Kribbeln vor dem Amtsantritt zeige ihr, dass ihr das Engagement beim ZiSG wichtig sei, meint Isabelle Kunz. Es helfe, «ganz bei sich zu sein und das Beste abzurufen».

Zuversichtlich stimmt Isabelle Kunz, dass sie die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Kanton und den Gemeinden durch die Kommissionsarbeit etwa für die AFR 18 bestens kennt. Sie wünscht sich nun Zeit zum Reinfinden und um sich strategische Gedanken zu machen.

Ruth Bucher verfolgt die Ausführungen von Isabelle Kunz mit einem Schmunzeln. Etwas Lobbying habe es schon gebraucht, um die Vorzüge des ZiSG Präsidiums aufzuzeigen, ergänzt sie. Sie selber sei vor sechs Jahren «etwas blauäugig reingerutscht». Die Präsidiumsarbeit kannte sie persönlich von einem anderen Engagement. Sie hoffte, mit dem ZiSG etwas Ähnliches zu finden. Mit den ersten Verbandsleitungssitzungen wurde ihr dann die Tragweite ihrer Funktion bewusster. Es gibt viele Reibungsflächen - nicht nur zwischen den Anliegen des Kantons und derjenigen der Gemeinden. Und manchmal habe sie leichtfüssig auf ein Thema angesprochen und dabei die politische Brisanz nicht im vornherein realisiert.

Ruth Bucher sagt von sich selbst, sie sei über die Jahre auch milder geworden, habe gelernt, die Perspektiven des Gegenübers besser nachvollziehen zu können und Widerstände nicht persönlich zu nehmen. Letztlich geht es darum, um der Sache willen gemeinsam gute Lösungen zu finden. Und der ZiSG habe tragfähige Lösungen finden und umsichtige Entscheide treffen können, ist Ruth Bucher überzeugt. Sie denkt dabei etwa an die moderaten Sparprogramme, an den klärenden Strategieprozess oder an den verantwortungsvollen Umgang mit dem Eigenkapital. Diese Entscheide haben das Vertrauen in den ZiSG insgesamt gestärkt, bilanziert sie.

Ein Wermutstopfen bleibt allerdings. Sie hätte sich gewünscht, sich an einer regulären Delegiertenversammlung von den Delegierten und den Organisationen verabschieden zu können. Mit der DV in Wolhusen 2014 hatte sie ihren Einstand, mit der ursprünglich geplanten DV 2020 in Wolhusen hätte sich der Kreis wieder geschlossen.

Was nun bleibt ist Dankbarkeit dafür, dass alles gut gelaufen ist. «Der ZiSG ist sehr gut unterwegs. Er hat sich in den Jahren zu einem Kompetenzzentrum entwickelt, der Strategieprozess hat das gegenseitige Vertrauen in der Verbandsleitung gestärkt, konkordante Entscheidungen tragen dazu bei, dass wir für die Luzernerinnen und Luzerner den Bereich der institutionellen Sozialhilfe und Gesundheitsförderung nachhaltig entwickeln. » Die Verbandsleitung sei ein gutes Team, ergänzt sie. Man könne auf die anderen zählen und fühle sich gut unterstützt. Auch den Kontakt zu den Organisationen sei persönlich sehr bereichernd gewesen.

Auf all das kann sich Isabelle Kunz nun freuen. Ab 1. September 2020 führt sie den Verband. Die Verbandsleitung und die Geschäftsstelle wünschen Isabelle Kunz viel Elan und Freude an der Zusammenarbeit und bedanken sich bei Ruth Bucher herzlich für die kompetente, konstruktive und stets wohlwollende Verbandsführung.

Bild und Text: Michael Wicki