Madeleine Probst

Leiterin Sozialberatung, Pro Infirmis Luzern, Ob- und Nidwalden

Wichtig finde ich, Handlungsspielräume auszuloten, die Komfortzone hie und da zu verlassen. Es ist eine Grundhaltung, die mein Leben selber prägt. Ich bin sehr «gwundrig», möchte Neues entwickeln und ausprobieren - auch in der Sozialberatung.

Madeleine Probst

Unsere Geschäftsstelle an der Zentralstrasse 18 erreiche ich mit meinem Velo so gegen halb 8 Uhr. Um diese Zeit ist die Atmosphäre noch ruhig - für das Ankommen schätze ich das sehr. Ich kann mich auf meinen Arbeitstag vorbereiten und mir Gedanken machen, welche Schwerpunkte ich in Sitzungen und bei Projekten setzen möchte.

Bei Pro Infirmis Luzern, Obwalden, Nidwalden leite ich die Sozialberatung.
In der Regel ist mein Arbeitstag stark strukturiert. Ich verbringe viel Zeit im Büro; bin mit der Führung und Unterstützung von 10 Mitarbeitenden beschäftigt, moderiere Fallbesprechungen im Team, bearbeite Gesuche für die finanzielle Direkthilfe oder befasse mich mit fachlichen und organisatorischen Fragestellungen um, die Sozialberatung konzeptionell weiter zu entwickeln. Das tönt jetzt abstrakt.

Sehr gern habe ich den Bereich Sozialversicherung. Ich berate KlientInnen rund um den Assistenzbeitrag der IV. Wir unterstützen Menschen mit einem erheblichen Assistenzbedarf bei der Organisation von Unterstützungsleistungen - beispielsweise für alltägliche Lebensverrichtungen wie Ankleiden, Essen oder Körperpflege - ausserhalb von Heimstrukturen.

Wichtig finde ich, Handlungsspielräume auszuloten, die Komfortzone hie und da zu verlassen. Es ist eine Grundhaltung, die mein Leben selber prägt. Ich bin sehr «gwundrig», möchte Neues entwickeln und ausprobieren; auch in der Sozialberatung. Ein von vornherein «Richtig» oder «Falsch» gibt es für mich nicht. Projekte können scheitern oder sie können Erfolg haben, beides ist nur beschränkt voraussehbar.

Mein Vormittag ist heute allerdings «knorzig» verlaufen. Manchmal ist es eine feine Balance zwischen Verändern und Bestehen-lassen. Heute wollte ich zu viel. Frische Luft tut mir gut und ein kurzer Spaziergang kann vieles relativieren. Über den Mittag gehe ich immer nach draussen.

Es ist jetzt 13.30 Uhr. Eine Fallbesprechung im Team steht an: In Sursee - neben Hochdorf, Willisau und Luzern einer unserer regionalen Beratungsstandorte im Kanton - hat sich ein Wohngruppenleiter gemeldet. Er möchte eine Bewohnerin, die mehrfach den Wunsch nach mehr Selbstständigkeit geäussert habe, beim Austritt aus dem Heim unterstützen.

Im Team geht es nun darum, vor einem Erstgespräch mit der betroffenen Bewohnerin die einzelnen Aspekte von Wohnungsbezug auf Probezeit, über Wohnungssuche, Organisation des Haushalts und der diversen Hilfestellungen bis hin zur Finanzierung vorzubesprechen.

Dank diverser, professioneller Hilfestellungen sind heute für Menschen mit Beeinträchtigungen Wohnformen möglich, welche dem Ideal der gesellschaftlichen Inklusion stärker entsprechen. Insofern ist eine derartige Begleitung zu mehr Selbstständigkeit für mich und mein Team eine sehr schöne Arbeit.

Ich denke, die Sozialarbeit ist eine bewusst gewählte Arbeit. Am Anfang steht der Wille, etwas gesellschaftlich Sinnhaftes zu leisten. Bei meinen Mitarbeitenden nehme ich das sehr stark wahr: Das Engagement für den Klienten oder die Klientin, die Bereitschaft die jeweilige Situation und Befindlichkeit verstehen zu wollen, minutiös die Kernanliegen herauszuschälen und eine persönliche, professionelle Beziehung zu den Klienten aufzubauen.

Wenn ich gegen halb sechs mit meinem Velo wieder nach Hause fahre, habe ich eigentlich immer den Eindruck, dass er gut war - mein Tag im Büro.

Gespräch und Bild Michael Wicki

Kontakt

Pro Infirmis Luzern, Ob- und Nidwalden
Zentralstrasse 18
Postfach 3666
6002 Luzern
T 058 775 12 12

www.proinfirmis.ch

Geschäftsleitung: Martina Bosshart